Gemeinsam mit der LegaKids-Stiftung und meinen Studierenden arbeite ich an einem kostenfreien Fortbildungsportal im Internet zu LRS, Legasthenie und Alphabetisierung: www.alphaPROF.de. Hier die offizielle Meldung:
7,5 Millionen “funktionale Analphabeten” gibt es in Deutschland – Erwachsene, die kaum oder gar nicht lesen und schreiben können. Dies führt zu einem stark eingeschränkten gesellschaftlichen Leben. Derzeit hat jeder sechste 15-Jährige große oder sehr große Schwierigkeiten im Lesen und Schreiben.
Nun wollen wir, Wissenschaftler und Studenten der Philipps-Universität Marburg in Kooperation mit dem LegaKids Team, diesem gesellschaftlichen Problem so früh wie möglich begegnen.
Wir entwickeln ein kostenloses E-Learning-Aus- und Fortbildungsangebot für angehende Lehrkräfte, Lehrerinnen und Lehrer im Schuldienst sowie außerschulische Förderkräfte mit dem Ziel, die Diagnose- und Förderkompetenz in Bezug auf Lese-Rechtschreibprobleme ihrer Schülerinnen und Schüler signifikant zu erhöhen.
- Weitere Informationen zu dem Thema finden Sie im LRS-Blog von LegaKids und direkt auf der alphaPROF Homepage.
- Sie sind Lehrerin oder Lehrer? Dann freuen wir uns, wenn Sie an einer kurzen Umfrage teilnehmen und so zum Gelingen des alphaPROF-Projekts beitragen: direkt zur Umfrage auf alphaPROF.
Die Rolle der Lehrerbildung bei Legasthenie und LRS
Wie in meinem letzten Beitrag bereits angeklungen ist, beschäftigt mich das Thema Legasthenie und LRS (und nicht nur aus fremdsprachendidaktischer Perspektive, sondern allgemein) auch in meiner Rolle als jemand, der zukünftige Lehrerinnen und Lehrer in meinen Uniseminaren ausbildet und gestandene Lehrkräfte in der dritten Phase fortbildet. Leider spielt das Thema LRS (wie so viele andere wichtige Themen) weiterhin eine eher untergeordnete Rolle im Lehramstsstudium und auch im Bereich der Ausbildung in allen Phasen insgesamt, weswegen ich gemeinsam mit der Legakids-Stiftung das Projekt alphaPROF starte.
Nun setzt sich der Name der Projekts “alphaPROF” aus 2 Bestandteilen zusammen: Zum einen das “alpha” aus “Alphabetisierung”, zum anderen das “PROF” aus “Professionalisierung”. Während letzteres charmanterweise auch das französische Wort für “Lehrer” ist (was mir tatsächlich erst nach der Namensfindung aufgefallen war ), ist der Begriff “Professionalisierung” seit einigen Jahren im wissenschaftlichen Diskurs gerade im (schul-)pädagogischen Bereich sehr zentral geworden. Die Professionsforschung beschäftigt sich mit der Rolle des Lehrers, seiner Ausbildung, wie er professionell handeln kann und ob bestimmte Bereiche seines Wissens und Handelns möglicherweise unplanbar sind oder inwiefern Lehrkräfte für bestimmte Aspekte (“Kompetenzen”) aus- und fortgebildet werden müssten.
Sie merken, dass dies sehr große und allgemeine Fragen sind – im Detail sind diese auch tatsächlich bislang nicht vollständig beantwortet. Dennoch ist die schulpädagogische Professionsforschung ein sehr spannendes, lohnenswertes Feld. Dies zeigt sich auch an der zunehmenden Zahl an Veröffentlichungen in diesem Bereich und dem Erscheinen von zwei großen Handbüchern, die – in vielen Einzelbeiträgen vereint – den aktuellen Stand der Forschung zum Lehrerberuf darstellen:
Die Beiträge in beiden Sammelbänden stellen die aktuelle Forschung zum Lehrerberuf (Professionsforschung), ihre Tendenzen und Handlungsfelder dar. Es wird jeweils nicht spezifisch auf konkreter methodischer Ebene auf bestimmte unterrichtliche Aspekten wie z.B. LRS/Legasthenie eingegangen – und dies ist weder intentiert noch negativ. Beide Werke stecken jedoch den Handlungsrahmen von Lehrkräften ab, mit dem sich auch die Legasthenieforschung interdisziplinär auseinandersetzen, Anknüpfungspunkte und gemeinsame Projekte finden muss. Daher soll dieser Beitrag auch ein kleiner Aufruf und Appell sein, dass wir uns gemeinsam mehr auch mit der Rolle der (Förder-)Lehrkräfte beschäftigen und diese gut ausbilden müssen. Die Lehrkräfte, die mit den Lese-Rechtschreib-Schwierigkeiten zunehmend konfrontiert werden, müssen sowohl in ihrer Fähigkeit, Probleme zu erkennen, wie auch in den Möglichkeiten von Förderung und Binnendifferenzierung deutlich besser ausgebildet werden als bislang. Und dafür grundlegend ist sowohl die Forschung als auch die schulpolitischen Rahmenbedingungen und die positive Einstellung, auch wirklich die Förderung von Lese- und Schreibkompetenz in die Lehrerausbildung sowie letztendlich dann in die Schulen integrieren (oder inkludieren? ) zu wollen.
Wir versuchen mit alphaPROF einen ersten Schritt in diese Richtung zu gehen, indem wir – ausgehend von einem universitären, studentischen Projekt im Rahmen eines Seminars – Inhalte von Studierenden für Studierende und Lehrkräfte erarbeiten lassen, welche letztere nutzen können, um sich selbst zu “professionalisieren” und weiterzubilden im Bereich Legasthenie/LRS.