Inklusion statt LRS-Förderung?

Dies ist ein Artikel, den ich für die Koordinierungsstelle Alphabetisierung Sachsen auf der Grundlage meines Vortrags einer Tagung im August geschrieben habe. Die Tagungsdokumentation als PDF können Sie hier herunterladen.

Inklusion

Abbildung aus der Präsentation zum Vortrag

Inklusion ist in aller Munde: Die Forderung nach und der Rechtsanspruch auf eine allgemeine, gleichberechtigte Bildung für alle Menschen schlägt große Wellen. Insbesondere die Inklusion körperlich und geistig eingeschränkter Schülerinnen und Schüler an Regelschulen bildet hier den Schwerpunkt mit der gleichzeitigen Forderung Förder- und Sonderschulen abzuschaffen. Während man sich weitgehend einig ist, dass inklusive Bildung nicht nur umsetzbar ist, sondern auch für alle Seiten Vorteile mit sich bringt, tut man sich in der Bildungspolitik noch schwer mit tatsächlichen Beschlüssen zur Umsetzung von Inklusionsmaßnahmen und damit dem Auslaufen eines flächendeckenden Förder- und Sonderschulkonzepts. Dabei formuliert die UN-Behindertenkonvention keine Umsetzungsbedingungen, sondern sichert vielmehr jedem Menschen – ob behindert oder nicht – das Individualrecht auf gemeinsamen Unterricht mit behinderten und gesunden Menschen zu. Tatsächlich liegt Deutschland im europaweiten Vergleich weit abgeschlagen auf den letzten Plätzen, was das gemeinsame Unterrichten angeht. Die Crux: Die Umsetzung der UN-Behindertenkonvention ist an keine Frist gebunden, sie wird lediglich überprüft und in Berichten bewertet.

Lese-Rechtschreib-Schwierigkeiten

Lese-Rechtschreib-Schwierigkeiten (LRS) sind weit verbreitet: Beginnend mit der Zahl von schweren Legasthenikern (3-6% der Schülerinnen und Schüler) und Lese-Rechtschreib-Schwächen (bis zu 14%, welche sich ungefähr mit der Zahl erwachsener, funktionaler Analphabeten deckt) deckt man den Großteil der betroffenen Kinder ab. Ergänzt man noch die Zahl der Schülerinnen und Schüler, die in den PISA-Studien als „Risikokinder“ eingestuft werden, kommt man schnell auf einen Wert um die 20% – rein statistisch sprechen wir also in Klassen von ca. 30 Schülern im Schnitt von sechs Schülerinnen und Schülern mit besonderem Förderbedarf im Bereichen Lesen und Schreiben. Mehr lesen »

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Buchvorstellung: “Lerntherapie in Theorie und Praxis” von Armin Metzger

Psychotherapeut Armin Metzger bildet in der Schweiz Lerntherapeuten aus. In seinem Buch “Lerntherapie in Theorie und Praxis” stellt er die theoretische Grundlage und die Übertragung dessen in die praktische Therapie vor. Es ist damit eines der wenigen Werke, die sich tatsächlich rein begrifflich auf die praktische Arbeit in der Lerntherapie beziehen.

Metzger behandelt aufgrund des therapeutischen Ansatzes seines Buches die Bereiche Legasthenie und LRS leider nur sehr beiläufig. Vielmehr geht es um eine ganzheitliche Konzeption und die Komponenten, die in der Lerntherapie eine Rolle spielen, insbesondere Psychopathologie und Persönlichkeitsentwicklung. Auch auf dem Aspekt der Persönlichkeitsentwicklung baut er sein Handlungskonzept auf, um basierend auf einer umfassenden Diagnose zielgerichtet eine Therapie in Form eines Vierstufenmodells planen zu können.

Das Buch bleibt dabei im Kern bewusst recht theoretisch (trotz einiger Handlungsbeispiele anhand von Gesprächsbeispielen). Dafür bietet es mögliche Planungsalternativen oder Konstrukte, an denen sich Therapeuten (oder eben jene, die es werden möchten) als Grundlagen zur Therapie von Lernstörungen vielfältiger Art orientieren können. (Insbesondere auch die Buchempfehlungen bzw. verwiesene Literatur können gut für ein tiefergehendes Studium genutzt werden.)

Weitere Infos:
Die ersten Seiten als Leseprobe (PDF), Buch beim Verlag, Buch bei amazon.de

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Erfahrungsbericht: Internationale Legasthenie-Konferenz in Baltimore 2012

Vom 24.-27. Oktober 2012 fand in Baltimore (Maryland, USA) die 63. Konferenz des internationalen Legasthenieverbands (IDA) statt. Ich selbst war eingeladen, am letzten Konferenztag einen Vortrag zu halten, nutzte aber die gesamte Woche, um Eindrücke sowohl für meine Forschung als auch Erfahrungen für unsere Arbeit hier in Europa und Deutschland zu sammeln und mich mit anderen Wissenschaftlern auszutauschen.

Die Eindrücke der vielen Sessions, Vorträge und Gespräche kann ich gar nicht einzeln in Worte fassen. Die Arbeit, die die Veranwortlichen der IDA leisten, ist beeindruckend.

Die Gästeliste

Vor allem die hochkarätige wissenschaftliche Besetzung in den Sessions kann gut und gerne als die “crème de la créme” der Legasthenieforschung bezeichnet werden. Ein kurzer Einblick in die Gästeliste (ohne Anspruch auf Vollständigkeit natürlich): Sally und Ben Shaywitz, Donald Shankweiler, Wissenschaftler des NICHD, Louisa Moats, Albert M. Galaburda, Mehr lesen »

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Teilnehmer für Studie des Fraunhofer-Instituts in Leipzig gesucht

Die Kollegen des Fraunhofer-Instituts für Zellbiologie und Immunologie (IZI) möchten einen neuen Frühtest zur Erkennung von Legasthenie/LRS entwickeln. Sie suchen daher Kinder im Alter von 3-5 Jahren, deren Geschwister oder Eltern eine Legasthenie haben. 

Weitere Informationen zum Ablauf, Vorhaben und Anmeldung finden Sie auf der Projektseite: Hier klicken! Oder direkt eine E-Mail schicken an info@legascreen.de.

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Der Placebo-Effekt der Irlen-Folien

In der LRS-Therapie wird den Kindern oft empfohlen, Farbfolien zu verwenden, damit sie besser lesen können. Dieser Ratschlag basiert auf der Hypothese des skotopischen Sensitivitäts-Syndroms (auch Irlen-Syndrom genannt), bei dem man davon ausgeht, dass manche Menschen eine erhöhte Sensibilität gegenüber Licht bestimmter Wellenlängen haben. Lesen (und die allgemeine visuelle Wahrnehmung) kann dabei beeinträchtigt sein, sodass der Einsatz einer transparenten, aber farbigen (= andere Wellenlänge bei visueller Rezeption) Folie möglicherweise diesen Stress mindert.

Wissenschaftlichkeit?

Die Hypothese um das Irlen-Syndrom ist höchst umstritten. Wissenschaftliche Untersuchungen im englischsprachigen Raum waren (besonders bis zur Jahrtausendwende) oft wenig aussagekräftig, stützten sich auf subjektives Empfinden einzelner Probanden und konnten daher oft nicht repliziert werden. Möglicherweise können die Folien den Stress mindern, der bei der Betrachtung von Buchstaben auftritt – ob er den Leseprozess an sich fördert, konnte bislang nicht überzeugend bestätigt werden, wie auch ein zusammenfassender Artikel bei Rainer Mohr zeigt.

Eine Bachelorarbeit von Nadja Höger an der HU Berlin (ausgezeichnet mit dem Humboldt-Preis) zeigte durch Fragebögen, dass die eingesetzten Folien bei 95% der Anwender die Störsymptome beim Lesen beseitigten. Die Untersuchungskonstruktion bestätigte, dass die Kinder sich selbst einbilden (suggerieren), besser lesen zu können. Der klassische Placeboeffekt. Mehr lesen »

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Gap Reading (Methodensammlung)

Lautes Lesen sowie z.B. das bereits vorgestellte Paired Reading sind sehr wichtige Methoden, um die Leseflüssigkeit zu trainieren. Eine weitere Variante möchte ich Ihnen heute mit dem sogenannten Gap Reading vorstellen:

  1. Wählen Sie mit Ihrem (Trainings-)Kind oder Schüler einen Text aus, der sie oder ihn interessiert.
  2. Legen Sie den Text so hin, dass Ihr Kind mitlesen kann, und beginnen Sie damit, den Text laut und langsam vorzulesen.
  3. Stoppen Sie an einer Stelle – Ihr Kind soll weiterlesen. Entweder wird nur das jeweils nächste Wort vorgelesen (schwache Leser), der Rest des Satzes oder Absatzes (durchschnittliche Leser) oder bis zu einer Stelle, wo Ihr Kind spontan aufhört und Sie aufgepasst haben müssen und entsprechend wieder übernehmen.
Diese spielartige Form fördert gleichzeitig das (Mit-)Lesen und die Konzentration. Varianten sind natürlich denkbar – auch mit Wetten und Wetteinsätzen, wenn die Eltern oder die Therapeuten nicht innerhalb von ein paar Sekunden weiterlesen, weil sie selbst nicht aufgepasst haben. ;-)

In der Materialsammlung stelle ich in loser Folge kleine Methoden und Ideen für den (Förder-)Unterricht mit lese-rechtschreibschwachen Kindern vor.

FOTO: (C) M_GLAUCO, FOTOLIA.COM

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  • Dieser Blog beschäftigt sich mit der Förderung legasthener oder lese-rechtschreib-schwacher Englischlerner. Hier sollen Lösungen für LRS-Schüler/innen und deren Trainer/innen und Lehrkräfte vorgestellt und diskutiert werden.